TRENDFORSCHUNG IM NETZ DER ZEICHEN
Schelske, Andreas
Wippermann, Peter
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In: Die Google-Gesellschaft, Vom digitalen Wandel des Wissens, 2005,
Kai Lehmann, Michael Schetsche (HG.); S. 329-336; transcript Verlag,
Bielefeld – www.google-gesellschaft.de

TRENDFORSCHUNG IM NETZ DER ZEICHEN
ANDREAS SCHELSKE UND PETER WIPPERMANN

Trends der (Welt-)Gesellschaft zu ergoogeln, ist ungefähr so erfolgsversprechend
wie Trends im städtischen Telefonbuch einer Stadt zu suchen.
Die vielen Meiers und Schulzes sowie die weniger häufigen Hammadis
oder Prezylebskas geben zwar vage Hinweise auf die Einwohner, aber
wie die Benannten zukünftig handeln und miteinander kommunizieren
werden, gibt das Telefonbuch niemals preis. Dafür ruft man am besten
an, um sich über ihr geplantes Handeln zu erkundigen. Aber selbst die
größte Zahl an Interviews lässt keinen Trend erkennen, wenn Trendforscher
ohne Idee in den Daten nach einer Struktur suchen.


Die Suche nach schwachen Signalen
Trendforschung beginnt mit der Wahrnehmung soziokultureller Strömungen:
Diese »bezeichnen Veränderungen im Denken, Fühlen und
Handeln, Veränderungen der Lebensziele und Werte, sie [artikulieren]
(...) neue Bedürfnisse, Wünsche nach Veränderung oder sind Ausdruck
von Anpassungsleistungen an veränderte Rahmenbedingungen« (Appel
2003: 393). Solche sozio-kulturellen Anpassungsleistungen beginnen mit
schwachen Signalen – so genannten Weak Signals – und entwickeln sich
zu kollektiven Handlungsmustern.

Für Weak Signals im sozio-kulturellen Bereich ist das Internet ein viel
versprechender Multiplikator – so wäre beispielsweise ohne das Internet
nie das japanische Verkleidungsrollenspiel »www.cosplay.com« in Europa
bekannt geworden. Im Cosplay verkleiden sich junge Erwachsene
nach dem Vorbild japanischer Zeichentrickfiguren (Mangas, Anime), fotografieren
sich und veröffentlichen diese Fotos auf einschlägigen Websites.
Abseits des Mainstreams leben jene jungen Erwachsenen im
Cosplay unterschiedliche Optionen gesellschaftlich möglicher Rollen
aus. Vergleichbare Rollenoptionen haben die Musikerin Madonna und
die Künstlerin Cindy Sherman im Musik- und Kunstmarkt umgesetzt.
Solche »Signale« sind vielfach noch zu schwach, um einen Massenmarkt
zu etablieren oder in einer repräsentativen Gesellschaftsstudie einen
Trend zu begründen. Trotzdem ist in den global zugänglichen Nischenmärkten
des Internet zu erkennen, wie Individuen sich zunehmend ihre
Identitäten aus Optionen multimedialer Zeichenwelten zusammenstellen.
Die internetbasierte Kommunikation erzeugt sozio-kulturelle Strömungen,
die zunächst nur innerhalb des Netzes bedeutsam werden. Außerhalb
der technischen und sozialen Vernetzung verschwinden die Kontexte
derjenigen, deren Zeichen es zu verstehen gilt. Sobald schwache Signale
einen Konsumententrend andeuten, reicht es nicht aus, die Zeichen
wahrzunehmen. Konsumententrends basieren auf vielerlei Zeichenvernetzungen,
aus denen zu erkennen ist, wie Individuen als nächstes Handeln
könnten. Es kommt in der Trendforschung also nicht nur darauf an,
zu verstehen, was die Zeichen kommunizieren, sondern auch, was die
zukünftigen Handlungen der Individuen sein werden.

Zeichen deuten
Aber wie dient das Internet der Trendforschung? Die Hypertextstruktur
der Zeichen im Internet wird häufig mit dem Internet gleichgesetzt. Doch
die Datenübertragungswege der physischen Vernetzung zum Internet
sind grundverschieden von der Hypertextstruktur der Zeichen, die durch
das HTML-Dokumentenformat ermöglicht werden. Die kommunikative
Vernetzung der Zeichen im Hypertext ist sogar verhältnismäßig unabhängig
von den Datenübertragungswegen. Trendforschung will also nicht
das Internet verstehen, sondern Zeichen und deren soziale Vernetzung –
um Handlungen von Individuen zu prognostizieren. Folgender zeichentheoretischer
Humor verdeutlicht den Unterschied, zwischen informationstechnischen
und sozialen Netzen der Kommunikation.

In der Regel reagiert ein gut erzogener Hund auf die Zeichen seines Besitzers
folgsam. Zeigt der Besitzer dem Hund mit der Hand an, wo er einen
Hasen findet, läuft der »verstehende« Hund dem Hasen hinterher.
Indessen der Hund, der in die Hand beißt, die ihm anzeigt, wo bzw. wie
der Hase läuft, versteht das Zeichen seines Besitzers nicht. Diesen fatalen
Fehler des Hundes würden nicht Hundert, Tausend oder Millionen anzeigender
Hände ändern. Selbst wenn die Hände wechselseitig aufeinander
zeigten, würde ein fehlinterpretierender Hund immer in die anzeigenden
Hände beißen, aber niemals einen Hasen finden. Um soziale Netze der
Kommunikation zu verstehen, muss man verstehen, worauf sie verweisen.
Selbst die Hypertextstruktur der vielen verlinkten HTMLDokumente
gibt wenig Hinweise auf die sozial relevante Kommunikation
in den Zeichen. Ein rein technisches Netz aus Datenübertragungswegen
wie z.B. das Internet kommuniziert überhaupt gar nichts.

Ein Netzwerk aus Hyperlinks bzw. hinweisenden Händen hilft weder
dem Hund noch der Trendforschung. Um einen Trend anzuzeigen, wie
die Hasen laufen, muss der Hund etwas von Zeichen verstehen. Natürlich
könnte der Hund auch ohne Zeichen einen Hasen erlegen, aber dann wäre
er kein Trendforscher. Trendforschung ist das Verstehen der Zeichen,
wie die Hasen laufen. Wer ausschließlich den Hyperlinks und Hinweisen
folgt, versteht wenig.

Trendforschung und Informationstechnik
Trends verbreiten sich über Zeichen in Medien. Im Sinne des Marketings
fungieren Trends sogar selbst als Medien für Produkte. Beinahe existieren
schon so viele Medien, wie es Namen in Telefonbüchern gibt. Die
Analyse von Zeichen in den Medien erfordert hohe finanzielle Aufwendungen,
um Trends zu erkennen und zu analysieren. Insofern wäre ein
Telefonbuch hilfreicher als Google. Es bietet zumindest die Telefonnummern
von Individuen an, die für eine quantitative Telefonbefragung
zu gegenwärtigen Trends der Gesellschaft geeignet wären. Die Befragung
und Beobachtung von menschlichen Biofiltern gesellschaftlicher
Kommunikation ist seit Beginn der Sozialwissenschaft einer der erfolgsversprechenden
Wege etwas über die Gesellschaft und deren Kommunikation
zu erfahren.

Das Internet für sich genommen interessiert die Trendforschung kaum.
Für die Gesellschaft ist es so bedeutsam, wie Straßen, Wasser- oder Telefonleitungen.
Das Internet besteht in erster Linie aus Netzen von Computern
und Datenleitungen. In ihm ist kaum ein Gesellschaftstrend zu erkennen,
außer dem selbstverständlich, dass es wächst wie die Gänge einer
sehr fruchtbaren Population von Hasen. Natürlich beeinflussen Datenübertragungswege
die Gesellschaft, indem sie die alltägliche Handlungspraxis
von Individuen verändern. An diesem Punkt der Handlungspraxis
wird das Internet für die Trendforschung interessant. Denn theoretisch
lassen sich im Internet ca. 10 Prozent der Weltgesellschaft in ihrer
Kommunikation beobachten [1]. Für Datenübertragungswege interessiert
sich die Trendforschung kaum. Interessanter als Datenübertragungswege
ist das, wofür sie sorgen, also für eine Handlungspraxis und
Kommunikation der Massen in Fernanwesenheit.

Trendforschung interessiert sich insbesondere für die Kommunikation
via bestimmter Dienste, die sich infolge des Internet nutzen lassen. Solche
Dienste sind E-Mail, Internet Relay Chat (IRC) und das Hypertext-
Sytem World Wide Web (WWW). Sie dienen der Trendforschung, insofern
sie die menschliche Kommunikation mittels Zeichen ermöglichen.
Im World Wide Web beispielsweise kann der Anwender den Hyperlinks
im Dokument folgen, die auf andere Dokumente verweisen.

Eigentlich ist ein Hypertext-System nur für Computer ansprechend – wer
von uns liest sich schon Links durch. Solche Links erzeugen selten
Trends in der Gesellschaft, doch infolge des Hypertextes ergibt sich ein
weltweites Netz aus Webseiten, auf denen vertextete Zeichen für Menschen
stehen. Die Trendforschung liest diese Zeichen. Und zwar liest sie
Zeichen in ihren syntaktischen, semantischen und pragmatischen Dimensionen.
Nicht in allen diesen drei Zeichenbezügen ist eine »verborgene
Logik« (Rust 1997: 192) oder Vernunft zu erkennen. Insbesondere die
syntaktische Zeichendimension der Farben und Formen implizieren nicht
selbst eine Logik, wie Charles Sanders Peirce in seiner Zeichentheorie
darlegte. Beispielsweise ist keine Logik oder Vernunft darin zu finden,
warum teure Autos im letzten Jahrzehnt vorrangig die Farbe Silber trugen
oder das Website-Design der Boulevardzeitungen überaus bunt und
mit vielen animierten Bildern erscheint.

Nicht ganz ohne, aber mit sehr einfacher Logik spricht Google auf die
Syntaktik von Hyperlinks und Schriftzeichen an. Auf diesem noch sehr
unentwickelten Grad der »künstlichen Intelligenz« funktioniert eine
Suchmaschine keineswegs wie eine Trendforschungsmaschine. Eine
Suchmaschine ist bisher wie ein unverständiger Hund, der in die hinweisende
Hand beißt, wenn er Hasen jagen soll. Eine Trendforschungsmaschine
würde die Hand als ein Anzeichen interpretieren,
wo die Spuren und kommunizierte Zeichen zu finden sind, um so zu verstehen,
wie die Hasen als nächstes Handeln wollen.

Für die Trendforschung ist die Internettechnik bedeutsam, weil diese
Anwendungen ermöglicht, die die räumlichen Distanzen zwischen Individuen
innerhalb der Kommunikation mittels Zeichen global überbrückt.
In den verschiedensten Diensten und Anwendungen liegen die neuen und
sicher noch vielfach ungeahnten Möglichkeiten der Trend- und Sozialforschung.
Denn Trends entstehen dort, wo Individuen sich mittels ausdifferenzierter
Stilkonzepte in Kommunikation vergesellschaften. Das Internet
weiß nichts, nur die Kommunikation der Individuen weiß etwas.
Die zunehmend ausdifferenzierten Stile der Kommunikation pflegen
computerisierte Netzwerkgesellschaften mittels unterschiedlichsten Anwendungen
und Diensten: W-LAN, UMTS und Push-Mail für Mobil-
Telefonie sind dabei der Beginn des mobilen Internet, einer technisch
veränderten Form der Netzwerkgesellschaft (vgl. den Beitrag zur mobilen
Wissenskommunikation in diesem Band).

Trendforschung im Internet
Kann die Trendforschung unterschiedliche Anwendungen im Internet für
qualitative oder quantitative Befragungen nutzen? In der Online-
Befragung eines Online-Panels kommt das Internet als Übertragungsweg
der Kommunikation in den wissenschaftlichen Fokus. Aufgrund der
mangelnden Repräsentativität eignen sich Online-Befragungen nur bedingt
dazu, Trends innerhalb kurzer Zeit zu prüfen bzw. eventuell zu falsifizieren.
Bisher wird das Internet weltweit von einer selektiven Gruppe
der Gesamtbevölkerung genutzt. Die Digitale Kluft infolge von Bildung,
Geschlecht, Alter, Einkommen und technischem Fertigkeit betrifft in unterschiedlicher
Ausprägung alle Staaten dieser Welt. Andererseits sind
Internet-Anwender mitunter frühe, erste Nutzer (Early Adopter) ganz unterschiedlicher
Kommunikations- und Technikgüter. Aber: Ein Online-
oder Offline-Panel von trendsensiblen Konsumenten hat unserer Kenntnis
nach bisher keinen Erfolg in der quantitativen Konsumentenforschung
erbracht, obwohl Trendforscher sich ein solchen Pool der Propheten
sehnlichst wünschen würden. Ein stabiles Online-Panel von Konsumenten
funktioniert nicht als ein sensibles Frühwarnsystem der Konsumenten-
Trends, weil sich viele Irrationalitäten menschlicher Kommunikation
erst sehr spät als Schwarmverhalten quantifizieren lassen; quasi
erst dann, wenn fast alles vorbei ist. Mit einem nachhaltig gepflegten Online-
Panel lassen sich stabilisierte Trends prüfen, aber nicht finden.

Ohne Frage lassen die Repräsentativerhebungen der führenden Sozial-
und Meinungsforschungsinstitute bestehende Trends unserer Gesellschaft
erkennen. Gleichfalls beeindrucken Institute für Medieninhaltsanalysen
mit wissenschaftlichen Analysen, wie spezifische Themen in der öffentlichen
Diskussion verlaufen. Doch in der Interpretation der vorrangig
quantitativen Studien wird die Richtung einer vergangenen bzw. aktuellen
Entwicklung in die Zukunft extrapoliert. Unsensibel werden große
quantitative Studien, wenn sie schwache Signale und qualitative Tipping
Points bestimmen sollen, die sich von »sozialen Zufällen« zu kollektiven
Phänomen auswachsen. Solche Frühwarn- oder Früherkennungssysteme
sind für zukünftige Trends bisher nicht mit der Informationstechnik und
technisch möglicher Quantität zu lösen.

Vernetzte Informationstechnik hat zwar die quantitative Meinungsforschung
und Medieninhaltsanalyse für globale Perspektiven geöffnet,
doch die Dynamik und Komplexität des globalen Gesellschaftssystems
ist jetzt erst Recht zu hoch, als dass eine so wenig hermeneutische Methodik
in der Lage wäre, komplexe Trends einer lokalisierten (Welt- )Gesellschaft
zu erkennen, zu interpretieren und zu verstehen.

Wie dient das Internet der Trendforschung?
Das Internet globalisiert die Kommunikation der Weltgesellschaft. Die
Trendforschung bemüht sich um Nachrichten über (welt-)gesellschaftliche
Wetterlage. Dafür hat sie die vier grundlegenden Methoden
entwickelt, bei der die vernetzte Informationstechnik nützlich sein kann:

Monitoring
Im Monitoring schwacher Signale ermöglicht das Internet die (teilnehmende)
Beobachtung globaler Kommunikation und virtueller Lebenswelten.
Soziokulturelle Strömungen überwinden territoriale, soziale, kulturelle
und ökonomische Hindernisse zügiger als vor dem Internet. Als
ein Beispiel wurde das Kostümspiel Cosplay erwähnt. Für den deutschsprachigen
Raum hat sich Idee des fotografisch dokumentierten Rollenspiels
noch nicht durchgesetzt. Im englischsprachigen Raum erscheinen
jedoch sehr viele Websites genau mit dieser Idee. Wie sich allerdings ein
Konsumtrend der fotografisch dokumentieren Selbstinszenierung durchsetzt,
hängt davon ab, wie Unternehmen auf den Wunsch der individuellen
Rollenmobilität reagieren können und wollen. Trendforschung kann
im Monitoring auf jene Bedürfnislagen und potenziellen Märkte hinweisen.

Medieninhaltsanalyse
In der qualitativen und quantitativen Medieninhaltsanalyse erleichterte
die IT die Beschaffung des Ausgangsmaterials. Die HTML-, PDF- oder
Java-basierten Formate erschweren allerdings die inhaltsanalytische
Auswertung infolge des hohen Umfangs an Inhalten und der schwierigen
Archivierbarkeit sowie Codierbarkeit der informationstechnischen Formate.
Insbesondere das lebensweltorientierte »Verstehen« der Zusammenhänge,
in denen die kommunizierenden Akteure stehen, erschwert
sich infolge weltgesellschaftlicher Komplexität. Das zukünftige Semantische
Web (vgl. den Beitrag dazu in diesem Band) wird an den derzeitigen
Schwierigkeiten einer inhaltsanalytischen Auswertung von verbalen
sowie bildhaften Daten nichts ändern, weil sich die »Sprachgemeinschaft
« von 6 Milliarden Menschen nur in wenigen Begriffen auf
eine kollektiv geteilte Bedeutung (Semantik) einigen kann. Die qualitativ-
quantitative Medieninhaltsanalyse zeigt, wie sich spezifische Themen
und deren Bewertung in der Online-Öffentlichkeit entwickeln. Die Auswertung
der deutschsprachigen Online-Ausgaben der Printmedien sowie
Auto-Newsgroups lässt beispielsweise erkennen, dass mitunter die
Printmedien die Qualität deutscher Autos schlechter beurteilen als die
Autokonsumenten und Schreiber in Auto-Newsgroups.

Szenario-Technik
Auf die Prognosen mittels der Szenario-Technik in qualitativen Explorationen
hatte das Internet bisher wenig Einfluss. Online durchgeführte
Expertenbefragungen im Sinne einer Online-Delphi-Studie senken zwar
erheblich die Kosten, erbringen jedoch keineswegs die kreativen Ergebnisse,
die eine qualitative Expertenbeurteilung im Face-to-Face-Kontakt
ermöglicht. Online-Delphis bemühen sich, die prognostische Stärke des
Delphi-Verfahrens und der Szenario-Technik mit den Zeit- und Kostenvorteilen
moderner Kommunikationstechnik zu verbinden.

Repräsentativerhebung
Im Jahr 2004 hatten bereits 52,7 Prozent der deutschen Bevölkerung im
Alter von über 14 Jahren einen Zugang zum Internet [@2]. Der Verbreitungsgrad
des Internet lässt selbstverständlich keine Befragungen zu, die
für alle Bürger der Bundesrepublik repräsentativ sein können. Für die
quantitative Befragungsmethode lag die wesentliche Innovation des Internet
darin, für große Teilnehmerzahlen personalisierte Befragungen in
kurzer Zeit in codierten Daten auswerten zu können. Befragungen zur
Markteinführung von speziellen Konsumgütern sind beispielsweise exelend
geeignet, weil sie selten auf Repräsentativität angewiesen sind.
Vielmehr stabilisieren Online-Erhebungen die Aussagen über Trends und
sind daher ein wichtiges Fundament der quantifizierten Prognose aktueller
Entwicklungen.

Fazit
Die internetvermittelte Kommunikation zwischen Personen hat nicht die
Methoden der Trendforschung verändert – von der HTML-basierten Online-
Befragung einmal abgesehen. Ganz egal wie sich die Internet-
Technik entwickeln wird, nur Kommunikation kann prognostizieren. Die
vermittelnde Informationstechnik (IT) selbst prozessiert ausschließlich in
Echtzeit der Gegenwart – sie kennt weder Zukunft, Vergangenheit oder
Kommunikation. Trendforschung benennt in sozialer Gegenwärtigkeit,
woran Kommunikation und Handeln von Individuen orientiert ist.
Holger Rust (1997) unterbreitet im letzten Satz seines Buchs die allerwichtigste
und notwendigste, aber vollständig irrationalste Grundlage aller
wissenschaftlichen Trendforschung: »There is no substitute for good
ideas«. Alle wissenschaftliche Rationalität ist von der Irrationalität der
kreativen Phantasie des Forschers begleitet. Keine vernünftige und rationale
Wissenschaft sollte Angst vor der Irrationalität guter Ideen haben.
Für die qualitative Trendforschung ist es vernünftig, dem irrationalen
Ideenpool vernetzter Kommunikation angst- und vorbehaltlos zu begegnen.

Insbesondere die Irrationalität und kreative Phantasie der Beforschten
leistet viel für die Trendforschung: Die Beforschten sind mitunter die
besten Trendforscher, weil sie ihre Informiertheit in kreative Zeichen
umsetzen. Die Trendforschung kann diesen Trend in der Kommunikation
der Zeichen aufspüren, aber nicht machen. Die qualitative Trendforschung
benennt die Zeichen für einen Trend mit einer guten Idee. Für die
irrationalen Hinweise auf Zeichen, die aus einer guten Idee resultieren,
ist das Internet hervorragend geeignet. Das »Internet« lässt derart viele
schwache Signale sozial vernetzter Individuen wahrnehmen, dass Trendforscher
eigentlich in einem Universum von Glühwürmchen stehen. So
bedient die Kommunikation im Internet die irrationalste Seite der qualitativen
Trendforschung. Sie basiert auf schwachen Zeichen von soziokulturellen
Strömungen, die in der Aufmerksamkeitsökonomie der Massenmedien
sowie in der Vernunft und Rationalität der Wissenschaft zunächst
wenig Resonanz finden.

Literatur
Appel, Cornelia (2003): Die 3SC Trendforschung, Ein kontinuierliches Programm
zur Beobachtung des soziokulturellen Wandels von Sinus Sociovision.
393-400 In: Sozialwissenschaften und Berufspraxis, Hrsg.: Berufsverband

Deutscher Soziologinnen und Soziologen, Nr.4 Jg.26/2003, Berlin.

Rust, Holger (1997): Das Anti-Trendbuch, Klares Denken statt Trendgemunkel.
Wirtschaftsverlag G. Ueberreuter: Wien.

Digitale Verweise
[@1] www.nua.com
[@2] Emnid, Onliner Atlas 2004: www.nonliner-atlas.de

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